
Projekte von Beginn an erfolgreich machen - der Sinn der Projektcharta
- Michael Philipzen
- 26. Aug. 2024
- 5 Min. Lesezeit
Die schleichende Ausweitung des Projektumfangs ist eine der heimtückischsten Herausforderungen im Projektmanagement und führt häufig zum Scheitern von Projekten. Laut dem Bericht "Pulse of the Profession 2020" des Project Management Institute (PMI) kommt es bei fast 52 % der Projekte zu einer schleichenden Ausweitung des Projektumfangs, was das Risiko des Scheiterns von Projekten erheblich erhöht.
Aus dem CHAOS-Bericht der Standish Group geht hervor, dass nur 31 % der Projekte innerhalb des Zeit- und Budgetrahmens abgeschlossen werden, wobei die Ausdehnung des Projektumfangs einer der Hauptgründe dafür ist. Darüber hinaus zeigen Untersuchungen des PMI, dass Projekte, bei denen sich der Umfang erheblich vergrößert hat, mit 45 % höherer Wahrscheinlichkeit scheitern oder in Frage gestellt werden als Projekte, bei denen der Umfang effektiv verwaltet wird (siehe auch Blog-Eintrag "Warum agiles Projektmanagement eine Option sein könnte"). Diese Statistiken verdeutlichen den entscheidenden Bedarf an robusten Tools für das Umfangsmanagement, wobei die Projektcharta ein grundlegendes Element ist.
Von der Wichtigkeit einer Projektcharta
Eine Projektcharta ist ein wichtiges Dokument, das das Rückgrat eines jeden erfolgreichen Projekts bildet. Darin wird das Projekt formell genehmigt, und es werden seine Ziele, sein Umfang, die Beteiligten und der Gesamtplan dargelegt. Die Charta ist aus mehreren Gründen wichtig:
Klare Definition des Umfangs: Sie liefert eine klare und präzise Definition des Projektumfangs, wodurch Missverständnisse vermieden und das Risiko einer schleichenden Ausweitung des Umfangs gemindert werden.
Angleichung der Interessengruppen: Sie stimmt alle Beteiligten aufeinander ab und stellt sicher, dass alle Beteiligten die Ziele, den Nutzen und die Ergebnisse des Projekts verstehen.
Mandat und Verantwortlichkeit: Die Charta ermächtigt den Projektleiter formell zur Zuweisung von Ressourcen und zum Treffen von Entscheidungen, wodurch Autorität und Verantwortlichkeit festgelegt werden.
Leistungsvereinbarung: Die Charta legt eine Basis für die Projektleistung fest, einschließlich Zeitrahmen, Budgets und Meilensteinen, an denen der Fortschritt gemessen werden kann.
Durch die Festlegung dieser grundlegenden Elemente fördert die Projektcharta ein gemeinsames Engagement und gegenseitiges Verständnis, was für den Projekterfolg unerlässlich ist. Die Erstellung einer umfassenden Projektcharta umfasst daher mehrere wichtige Aspekte:
Projektzweck und -begründung: Nennen Sie klar und deutlich das Problem, das das Projekt lösen soll, oder die Chance, die es nutzen will. In diesem Abschnitt sollten der Geschäftszweck des Projekts und seine Ausrichtung auf die Unternehmensziele dargelegt werden.
Projektziele und Erfolgskriterien: Definieren Sie spezifische, messbare, erreichbare, relevante und zeitgebundene (SMART) Ziele. Fügen Sie Erfolgskriterien hinzu, um einen klaren Maßstab für die Bewertung der Projektleistung zu schaffen.
Umfang und Ergebnisse: Legen Sie den Projektumfang detailliert fest, einschließlich der Grenzen, Beschränkungen und der wichtigsten Ergebnisse. Diese Klarheit trägt dazu bei, eine schleichende Ausweitung des Projektumfangs zu verhindern, indem festgelegt wird, was in das Projekt einbezogen ist und was nicht.
Identifizierung der Stakeholder: Identifizieren Sie die wichtigsten Stakeholder, ihre Rollen und ihre Interessen. Das Verständnis der Erwartungen und des Einflusses der Stakeholder ist entscheidend für die Ausrichtung und Kommunikation des Projekts.
Projektsteuerung: Skizzieren Sie die Governance-Struktur, einschließlich der Rollen und Verantwortlichkeiten des Projektteams, des Lenkungsausschusses und anderer Beteiligter. Definieren Sie die Entscheidungshierarchie und -prozesse.
Zeitplan und Meilensteine: Erstellen Sie einen detaillierten Zeitplan mit den wichtigsten Meilensteinen und Leistungen. Dieser Abschnitt hilft dabei, die Erwartungen für die Projektdauer und die wichtigsten Phasen festzulegen.
Ressourcen- und Budgetplanung: Geben Sie vorläufige Schätzungen der für das Projekt erforderlichen Ressourcen (Personal, Finanzen und Material) an. Dadurch wird sichergestellt, dass das Projekt durchführbar ist und angemessen unterstützt wird.
Risikomanagement: Ermitteln Sie potenzielle Risiken und skizzieren Sie Strategien zur Risikominderung. Ein proaktives Risikomanagement ist für die Antizipation und Bewältigung von Herausforderungen unerlässlich.
Einer pragmatischer Ansatz zur Erstellung einer Projektcharta
Nehmen wir das prominente Beispiel einer SAP S/4HANA-Transformation: Die Durchführung eines gemeinsamen Workshops mit den wichtigsten Stakeholdern gewährleistet umfassenden Input und Engagement.
Vorbereitung:
Identifizieren Sie die wichtigsten Stakeholder und laden Sie sie ein: Projektsponsor, Projektmanager, IT-Team, Finanzabteilung, Supply Chain Manager und wichtige Geschäftsanwender aus verschiedenen Abteilungen.
Bereiten Sie eine Agenda vor, die sich auf die Transformationsziele, den Umfang und die Vorteile von SAP S/4HANA konzentriert, und sammeln Sie alle notwendigen Hintergrundmaterialien, wie Berichte über die aktuelle Systemleistung und die Erwartungen an den zukünftigen Zustand..
Workshop Setup:
Wählen Sie eine geeignete Umgebung, sei es ein physischer Besprechungsraum mit Whiteboards und Haftnotizen oder ein virtuelles Meeting mit Collaboration-Tools wie Miro oder Microsoft Teams.
Beauftragen Sie einen mit SAP S/4HANA-Transformationen erfahrenen Moderator, der die Diskussion leitet und sicherstellt, dass alle Teilnehmer die Möglichkeit haben, ihren Beitrag zu leisten.
Brainstorming Sessions:
Zweck und Begründung des Projekts: Erörtern Sie die Notwendigkeit der Umstellung auf SAP S/4HANA. Konzentrieren Sie sich auf spezifische Vorteile wie Datenverarbeitung in Echtzeit, verbesserte Benutzerfreundlichkeit, optimierte Geschäftsprozesse und verbesserte Integrationsfunktionen.
Projektziele und Erfolgskriterien: Teilen Sie die Teilnehmer in Gruppen ein, um SMART-Ziele zu definieren, die speziell auf SAP S/4HANA zugeschnitten sind, z. B. die Verkürzung der Zeit für Finanzabschlüsse um 50 %, die Verbesserung des Lagerumschlags um 20 % und die nahtlose Integration mit bestehenden SAP-Modulen und Drittanwendungen.
Umfang und Ergebnisse: Verwenden Sie Haftnotizen oder digitale Karten, um Beiträge zum Projektumfang zu sammeln, und betonen Sie dabei die wichtigsten Leistungen wie die Migration vorhandener Daten auf die neue Plattform, die Konfiguration von SAP-Modulen (z. B. Finanzen, Lieferkette, Personalwesen) und die Implementierung von Fiori-Anwendungen für eine verbesserte Benutzerfreundlichkeit.
Identifizierung der Stakeholder: Erstellen Sie eine Stakeholder-Map, indem Sie alle relevanten Parteien, ihre Rollen und ihre spezifischen Interessen und Anliegen in Bezug auf die SAP S/4HANA-Umstellung identifizieren.
Informationsverdichtung:
Prüfen Sie die gesammelten Informationen und fassen Sie sie in einem Entwurf der Projektcharta zusammen, um sicherzustellen, dass alle wichtigen Aspekte der SAP S/4HANA-Transformation abgedeckt sind.
Weisen Sie den Teilnehmern Aktionspunkte zu, wenn Informationen fehlen oder weitere Details erforderlich sind, z. B. Datenmigrationsstrategien oder spezifische Modulkonfigurationen.
Finalisierung:
Verteilen Sie den Entwurf der Charta, um Feedback von allen Workshop-Teilnehmern zu erhalten und sicherzustellen, dass alle Perspektiven berücksichtigt werden.
Nehmen Sie das Feedback auf und finalisieren Sie die Projektcharta, um sicherzustellen, dass sie ein gemeinsames Verständnis und Engagement für die Ziele der SAP S/4HANA-Transformation widerspiegelt.
Vorlagen und Frameworks machen das Leben leichter
Die Verwendung von Vorlagen und Frameworks speziell für SAP S/4HANA kann die Erstellung der Projektcharta rationalisieren, den Prozess effizient gestalten und sicherstellen, dass alle wichtigen Aspekte berücksichtigt werden. Hier ist ein strukturierter Ansatz:
Die passende Vorlage:
Wählen Sie eine auf SAP S/4HANA-Transformationen zugeschnittene Projektvorlage aus Projektmanagement-Tools wie Microsoft Project, Smartsheet oder den SAP-eigenen Projektmanagement-Ressourcen.
Veröffentlichung der Vorlage mit initialen informationen:
Projektzweck und -begründung: Erläutern Sie die Notwendigkeit von SAP S/4HANA und betonen Sie die Vorteile wie verbesserte Echtzeit-Analysen, erweiterte Benutzeroberflächen mit SAP Fiori und optimierte Geschäftsprozesse.
Projektziele und Erfolgskriterien: Definieren Sie SMART-Ziele wie die Senkung der Betriebskosten um 30 %, die Verbesserung der Systemleistung um 40 % und die Einhaltung neuer gesetzlicher Vorschriften.
Leistungsumfang und Liefergegenstände:
Verwenden Sie die Vorlage, um den Projektumfang zu definieren und die wichtigsten Ergebnisse wie Datenmigrationspläne, SAP-Modulkonfigurationen (z. B. Finanzen, Controlling, Materialwirtschaft), die Entwicklung von benutzerdefinierten Fiori-Anwendungen und Benutzerschulungsprogramme hervorzuheben.
Stakeholderidentifikation und -gruppierung:
Führen Sie alle Stakeholder, ihre Rollen und Zuständigkeiten auf, einschließlich SAP-Berater, IT-Mitarbeiter, wichtige Geschäftsanwender und externe Anbieter, um ein umfassendes Verständnis der Rolle und des Einflusses jedes Stakeholders zu gewährleisten.
Project Governance:
Skizzieren Sie die Governance-Struktur, indem Sie die Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb des Projektteams, des Lenkungsausschusses und der leitenden Sponsoren festlegen. Sorgen Sie für klare Entscheidungswege für kritische Aspekte der SAP S/4HANA-Transformation.
Zeitleiste und Meilensteine:
Geben Sie einen übergeordneten Zeitplan mit den wichtigsten Meilensteinen wie Projektstart, System Blueprinting, Datenmigration, Integrationstests, Benutzerakzeptanztests und Go-Live-Datum ein. Im Zusammenhang mit SAP-Projekten ist die Verwendung von SAP Activate Templates ein idealer Ansatzpunkt.
Ressourcen- und Budgetschätzungen:
Erstellen Sie eine vorläufige Schätzung der erforderlichen Ressourcen, einschließlich der Budgetzuweisungen für SAP-Lizenzen, Beratungsgebühren, Hardware-Upgrades, Schulungen und Support nach der Implementierung.
Risikomanagement:
Identifizieren Sie potenzielle Risiken, die für SAP S/4HANA-Transformationen spezifisch sind, z. B. Herausforderungen bei der Datenmigration, Integrationsprobleme, Benutzerwiderstand und Systemausfallzeiten. Skizzieren Sie Strategien zur Abschwächung jedes Risikos, wie z. B. die Durchführung einer gründlichen Datenvalidierung, die Erstellung von Notfallplänen und die Durchführung umfassender Benutzerschulungen.
Durch den Einsatz von kollaborativen Workshops und strukturierten Vorlagen, die auf SAP S/4HANA zugeschnitten sind, kann der Prozess der Erstellung einer Projektcharta sowohl effizient als auch effektiv sein und eine solide Grundlage für das Transformationsprojekt gewährleisten.
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